Prima Klima - Good News September 2025
Über Zuversicht, die man üben kann. Über den Solarboom in Afrika und andere gute Nachrichten zum Thema Klimawandel.
Es geht
Manchmal tut es irgendwo weh, man kann es aber trotzdem nicht lassen und drückt immer wieder mal dort hin. So ähnlich ist es mit den Nachrichten zum Klimawandel. Man kann meistens nichts direkt machen und muss es trotzdem wissen. Resignation, Empörung, Verwirrung - all das gehört dann dazu. Und trotzdem: Zuversicht lässt sich trainieren, sagt Maja Göpel. Also trainieren wir. Mit Beispielen, die zeigen: Ja, es geht.
Ich habe mich wieder auf die Suche gemacht nach Geschichten, Berichten und Menschen, die beispielhaft und hoffnungsvoll, also aktiv vorangehen und der Welt zeigen, dass „es geht“. Und diese Suche ist mir - wieder einmal - überhaupt nicht schwer gefallen, im Gegenteil. Schwer fiel es mir, zu priorisieren und Meldungen und Beispiele wegzulassen.
Freundliche Penetranz
Bleiben wir bei Maja Göpel und ihrem anregenden Gespräch mit Barbara Bleisch zum Thema „Wie bleiben wir hoffnungsvoll und engagiert, Maja Göpel?“. Eine Frage, die sich für viele von uns jeden Tag mehrmals stellt. Die Tranformationsforscherin ist übrigends Professorin an der Leuphania Universität Lüneburg und unter anderem Mitglied im Club of Rome.
Es geht hier also nicht direkt um eine gute Nachricht zum Klimawandel. Sondern darum, wie wir für viele gute Nachrichten sorgen können, wie wir unsere Handlungsfähigkeit und die dahinterliegende Zuversicht bewahren oder pflegen können, und wie wir die Kraft von Erzählungen und gemeinschaftlichem Handeln lernen und kultivieren sollten.
Es geht also hier um eine Art „Meta-Nachricht“, eine Erzählung über Erzählungen und deren Bedeutung. Und um die freundliche Penetranz, die wir ab und zu brauchen, um bei positiven Aktivitäten nicht den Mut und auch nicht die MitstreiterInnen zu verlieren. Inhaltlich sprechen die beiden nicht nur über die Zuversicht inmitten von vielfachen Krisen, sondern unter anderem auch über den Anteil der Ungleichheit an diesen Krisen und darüber, warum das Bruttosozialprodukt eine irreführende Messlatte ist.
Das Gespräch zwischen Maja Göpel und Barbara Bleisch ist eine Episode aus „Zimmer 42“, einem PodCast des SRF.
Wenn du einen kleinen Schub an (nachdenklicher) Zuversicht brauchen kannst, hör dir das Interview an. Ich bin dran geblieben bis zum Schluss, und ich werde mir auch das neue Buch von Maja Göpel („Werte. Ein Kompass für die Zukunft“) besorgen.
Machen
„Menschen, die uns voranbringen“. So schlicht der Titel, so groß die Botschaft des neuen Magazins „atmo - das Umweltmagazin für die Zukunft“. Diese Publikation wird von den MacherInnen des ehemaligen Greenpeace-Magazins gestaltet und herausgebracht:
„Von der Agrar- über die Energie- bis zur Verkehrswende recherchieren wir, wie die nötige Veränderung unseres Lebens und Zusammenlebens funktionieren kann. Mit der Natur, nicht gegen sie. Im Großen wie im Kleinen. Lokal wie global.“
Die aktuelle Ausgabe macht das gleich ganz konkret. Es geht um viele vielversprechende große und kleine Initiativen, die wegweisend sein wollen und auch sind. Beispiele gefällig?
Kartoffelkombinat
Das Münchner Kartoffelkombinat ist ein Projekt nach dem Muster der solidarischen Landwirtschaft und versorgt aktuell jede Woche 2300 Haushalte im Großraum München mit frischem, saisonalem Bio-Gemüse.
„Gemeinsam gestalten wir ein Gegenmodell zur anonymen Lebensmittelindustrie: Wir stärken regionale Betriebe, schützen aktiv unsere Umwelt und bewahren wertvolles Wissen über Ernährung und Landwirtschaft. Schritt für Schritt schaffen wir so eine nachhaltige Alternative und ermöglichen mehr Unabhängigkeit – für die Gesellschaft und jede*n Einzelne*n.“
Die Initiative wurde vor 13 Jahren gegründet und ist inzwischen die größte solidarische Landwirtschaft in Deutschland. Sie sorgt unter anderem dafür, dass sich die Ernährungsgewohnheiten von vielen Menschen zum Positiven verändern, dass ein Teil der regionalen Landwirtschaft ökologisch transformiert wurde und wird, und dass auch eine lebendige Gemeinschaft von Menschen entstanden ist, die nicht nur Gemüse teilt, sondern auch Verantwortung.
Klimawandel als Intelligenztest
Zu diesem Schlagwort hat sich Thomas Brudermann einmal bei einem Interview geäußert und hat sich damit keine Freunde gemacht. Er ist Psychologe an der Uni Graz und beschäftigt sich mit der Frage, wie wir klimaschädliches Verhalten vor uns selbst und anderen rechtfertigen - und wie wir die Blockaden überwinden können.
Das Gespräch ist Teil eines Doppel-Interviews des „atmo - Magazins“ in der oben erwähnten aktuellen Ausgabe vom September 2025. Die andere Gesprächspartnerin ist Caroline Zimm vom Institut für Angewandte Systemanalyse in Laxenburg bei Wien. Sie erforscht, wie Gesellschaften sich verändern, welche Anreize dafür nötig sind und wie Klimaschutz gerecht wird.
Neben dem Kartoffelkombinat und den beiden ForscherInnen geht es noch um eine Kaffeekooperative in Berlin, um „Urgewald“, eine Organisation, die nach dem Motto „Follow The Money“ den Investoren und sonstigen Finanziers der fossilen Industrie auf die Finger schaut und auch manchmal klopft, es geht auch um einen „Ocean Rebellion“ auf Gomera und um viele, viele andere mutige und intelligente Initiativen.
„atmo“ ist ein wirklich gut gemachtes Magazin, sowohl redaktionell als auch in der Gestaltung sehr ansprechend, für alle, die ab und zu gerne analog auf Papier lesen und ein schön designtes Magazin zu Hause haben wollen.
Solarboom in Afrika
Jetzt noch eine wirklich ermutigende Meldung aus Afrika: Afrikanische Länder importieren derzeit eine Rekordzahl an chinesischen Solarmodulen, was eine deutliche Abkehr von traditionellen fossilen Brennstoffen darstellt. Allein im Mai 2025 erreichten die Importe 1,57 Gigawatt, ein Allzeithoch, wobei kleinere Nationen wie Algerien immense Steigerungen von bis zu 6.300 Prozent im ersten Halbjahr 2025 verzeichneten.
In absoluten Zahlen ist das gar nicht viel, aber der Trend ist sehr beeindruckend, wie die nachfolgende Grafik von EMBER zeigt.
Der Hauptgrund für diesen Boom ist der extrem niedrige Preis chinesischer Panels, die eine wirtschaftlich attraktive und grüne Alternative zum Bau neuer Kohle- oder Gaskraftwerke bieten. Diese Entwicklung ermöglicht es sowohl nordafrikanischen Ländern, große Solaranlagen zu bauen, als auch ländlichen Gemeinden in Subsahara-Afrika, über dezentrale Solardächer Zugang zu Energie zu erhalten. Für viele afrikanische Regierungen, die mit Engpässen zu kämpfen haben, ist die Rechnung dabei klar: „The calculus is simple: cheap energy is good energy.“.
Aber die Chinesen
Es gibt tatsächlich auch positive Nachrichten aus China. Die Treibhausgas-Emissionen sind in der ersten Hälfte des Jahres 2025 weiter gesunken. Das ist bemerkenswert, da es das erste Mal ist, dass der Rückgang nicht primär durch eine schwächelnde Wirtschaft, sondern durch den massiven Ausbau von sauberer Energie verursacht wird. Experten sehen darin ein mögliches Signal, dass China den Höhepunkt seiner Emissionen früher als geplant erreichen könnte.
Der Rückgang der Emissionen ist also ein direktes Ergebnis der gigantischen Investitionen Chinas in erneuerbare Energien.
Eigentlich war nämlich mal der Plan, die Gesamtkapazität bis zum Jahr 2030 auf eine Größe von 1.200 TW zu verdoppeln. Aktuell schaut alles danach aus, dass dieses Ziel schon in 2025 erreicht sein wird.
Der Rückgang ist bislang winzig, aber immerhin…
Aber
Wem bei all diesen Nachrichten immer wieder ein „aber…“ in den Kopf kommt, dem will ich sagen: Du bist nicht allein. Natürlich sind alle, die sich ernsthaft mit der Entwicklung des Weltklimas beschäftigen, oft sehr besorgt und können auch den guten Nachrichten manchmal gar nicht so richtig glauben. Die Rückschläge sind gerade zur Zeit wirklich hart (Beispiel USA), sie entmutigen und machen uns wütend bis ratlos.
Trotzdem gilt das Konzept von Maja Göpel, dass wir sehr wohl die Zuversicht üben können. Wenn du dafür Lesestoff brauchen kannst, möchte ich noch einen kleinen Buchtipp loswerden:
„The Bright Side. Eine optimistische Geschichte der Menschheit“ ist ein kluges Buch von Sumit Paul-Choudry, einem studierten Physiker und ehemaligen Chefredakteur des „New Scientist“.
Nein, kein billiges „think positive…“ oder ähnlicher Quatsch. Es geht um inneren und äußeren Optimismus, und um ganz praktischen Optimismus. Die Widmung des Autors kann man sich einprägen:
„Für meine Eltern, die mir die beste aller möglichen Welten schenkten - und meinen Kindern, denen ich die beste aller möglichen Zukünfte schuldig bin“
Dazu passt eine Vision von Bill McKibben, der übrigens auch begeistert über den Solarboom in Afrika berichtet, er erlaubt sich nämlich einen kleinen Traum zu einer Welt ohne fossile Energie:
„… stelle ich mir vor, dass die Welt ruhiger wird, da die vielen Dieselpumpen, die bislang zur Bewässerung von Feldern eingesetzt werden, solarbetriebenen Alternativen Platz machen. Ich stelle mir vor, dass die Luft viel klarer wird, wenn der Rauch von diesen Generatoren weg fällt … Ich stelle mir vor, dass die Menschen mit E-Bikes von Dorf zu Dorf radeln, und dass rauchige Öfen durch Induktionsherde ersetzt werden. Ich stelle mir vor, dass sich unsere Welt viel langsamer erwärmt. Ich stelle mir Länder vor, die keine Unsummen mehr für importiertes Öl bezahlen müssen, sie verwenden dieses Geld stattdessen für den Betrieb von Schulen und Kliniken. Ich stelle mir vor, dass die Fossil-Magnaten traurig werden….“
Kompakt
Ein paar Infos und Quellen, die dir dabei helfen, deine Zuversicht zu üben:
Podcast: Wie bleiben wir hoffnungsvoll und engagiert, Maja Göpel?
atmo. Das Umweltmagazin für die Zukunft. (Ausgabe September 2025)
Kartoffelkombinat München
viele andere konkrete große und kleine positive Beispiele
Solarboom in Afrika
Rückgang der Treibhausgas - Emissionen in China
Buchtipp: „The Bright Side. Eine optimistische Geschichte der Menschheit“
Wenn dir weitere Good News zum Klimaschutz einfallen, hinterlass doch eine Botschaft in den Kommentaren…
Sehr anregend.
Danke für’s Restacken…