Michl Koch ist Ingenieur und Mitglied der BERR (Bürgerenergie für die Region Regensburg). Eigentlich ist er sogar ein ganz besonderes Mitglied, er ist nämlich im Aufsichtsrat und hat dort auch den Vorsitz. Die BERR ist eine Genossenschaft, ich habe an anderer Stelle schon darüber berichtet, warum ich dort ebenfalls Mitglied bin.
Mit Michl Koch konnte ich ein Interview führen, in welchem er einige Details aus der Geschichte unserer gemeinsamen Genossenschaft erzählt, aber auch zu sonstigen Themen rund um das Genossenschaftswesen und auch die „Energiewende vor Ort“ etwas zu sagen hat.
Wichtig. Relevant. Interessant.
Das ist wichtig und interessant für alle, die sich auch als Teil dieser Energiewende sehen oder sehen wollen, die also Verantwortung für die Umwelt, für das Klima und auch für nachfolgende Generationen übernehmen.
Du kannst hier in diesem Text einige Auszüge und Zusammenfassungen unseres Gesprächs lesen. Das komplette Interview gibt’s auf meinem PodCast zu hören.
Es rentiert sich, man lernt viel dabei, nicht zuletzt kann man sich auch versichern, dass bei der BERR mit viel Sachverstand und Bedacht gearbeitet und gewirtschaftet wird. Ich behaupte das mal, weil ich auch einen Sitz im Aufsichtsrat habe und also die anderen Mitglieder dieses Gremiums und auch den Vorstand und die vielen sonstigen helfenden Hände (angestellt oder ehrenamtlich) kennengelernt habe.
Michl Koch ist 56 und von Beruf Ingenieur. Als solcher war er viele Jahre in der Automobiltechnik und als IT-Consultant tätig. Außerdem berät er in und um Regensburg bisweilen verschiedene Start-Ups.
Die BERR. Wie sie wurde, was sie ist.
„2012 wurde die BERR gegründet, das heißt, sie hat doch schon einige Jahre auf dem Buckel. Ich erinnere mich noch an einen Zeitungsartikel, der mich dazu bewogen hat, Mitglied zu werden. Irgendwo stand damals, wenn Sie kein eigenes Dach haben, aber trotzdem Solarunternehmer werden wollen, dann können Sie doch bei der Genossenschaft Mitglied werden.
Ich bin damals wirklich auch Gründungsmitglied gewesen. Im Landratsamt saß eine nette Dame, die hat mich in eine Liste aufgenommen, dann habe ich zugesagt, dass ich da Geld abliefern werde.
Und so bin ich damals Genosse geworden, obwohl ich nicht viel vom Genossenschaftsprinzip wusste. Ich habe mein Geld eingezahlt und war froh, dass ich mithelfe, dass ich auch Energieunternehmer bin.“
An dieser Stelle interessiert dich vielleicht, wie viel Geld man mitbringen muss. Ein Anteil an der Genossenschaft kostet bei der BERR 500,00 € (ggfs. mit einem “Ausgabeaufschlag”), man kann maximal 200 davon erwerben. Wichtig ist auch in einer Genossenschaft, dass jedes Mitglied in der Vollversammlung genau eine Stimme hat, egal wie viele Anteile es besitzt. Das stammt aus der „urdemokratischen“ Gründungsphase des Genossenschaftswesens und hat sich auch bewährt.
Freiwillige voran. Über Ehrenamt und Engagement.
„Inzwischen haben wir über 50 Anlagen und kommen damit derzeit auf ungefähr fünf Megawatt Peak. Details findet man auf der Homepage.
Am Anfang waren wir ungefähr 50 Mitglieder, mittlerweile sind wir deutlich über 500. Und wir haben von diesen Menschen 2,7 Millionen Euro anvertraut bekommen, das ist ein großer Vertrauensbeweis.
Und fast alle der Leute, die am Anfang mit mir eingetreten sind, sind heute noch dabei. Unsere Mitglieder sind keine Leute, die nur auf das Geld schauen, sondern sie wollen die Energiewende vorantreiben. "Dabei nimmt man natürlich auch gerne eine kleine Rendite mit.“
Der Oberboss. Über Aufsichtsräte und FunktionsträgerInnen.
„Da sind wir ja aktuell neun Personen im Aufsichtsrat und 2019, als der damalige Vorsitzende das Amt abgeben wollte, habe ich mich dann einfach so mal gemeldet. Ich habe das auch noch nie gemacht.
Ich habe mir aber gedacht, das ist doch eine Bürgergenossenschaft und ich bin ein Bürger, also müsste ich das ja vielleicht können. Der Vorsitzende ist halt der, der Aufsichtsratssitzungen organisiert oder der, der bestimmte Beschlüsse zur Durchführung bringt. Er ist kein „Oberboss“, das will ich auch nicht sein.“
Als Kollege in eben diesem Gremium kann ich diese Selbstauskunft von Michl wirklich bestätigen. Er führt die Sitzungen und Prozesse sehr gewissenhaft, strukturiert und auch manchmal streng, aber er findet immer den richtigen Ton, um möglichst alle auch mitzunehmen.
In Genossenschaften gibt es per Gesetz und Satzung drei Organe:
Die Generalversammlung: hier haben alle Mitglieder jeweils eine Stimme und entscheiden letztlich alles gemeinsam
Der Vorstand: besteht bei uns aus drei Mitgliedern, eine/-r davon hat den Vorsitz
Der Aufsichtsrat: wird von der Generalversammlung gewählt und kontrolliert den Vorstand
Gutes Wachstum. Über große Projekte und große Schritte.
Genossenschaften haben - anders als manche andere Gesellschaftsformen - einen starken Fokus auf Sicherheit, Vertrauen und Transparenz. Trotzdem gibt es Zeiten und Gelegenheiten, in denen Wachstum angesagt ist im Interesse aller Beteiligten.
„Wir haben nach langer Diskussion einiges an Wachstum angeschoben, Personal, Büro, Technik etc. Das ist natürlich mit Wachstumsschmerzen verbunden, auch bei den Kosten müssen alle immer genau aufpassen.“
Energieareal OST. Stadt - Unternehmen - BERR.
„Eines der großen Projekte, die aktuell laufen, heißt ERO ( Energieareal Regensburg-Ost ). Die erste Pressemitteilung dazu gab es im Dezember 2023, bis Mitte dieses Jahres (2025) wird das wohl spruchreif.
Bombenstimmung hatten wir ja schon, jetzt im März, als gesperrt wurde, weil eine Bombe gefunden wurde. Das war genau der Bereich, in dem wir unsere Anlage bauen wollen.
Die Firmen, die dort ansässig sind, sollen also von dem Solarpark versorgt werden, sie bekommen einen relativ günstigen grünen Strom. Siemens, Conti und Vitesco und andere sind dabei, Verträge sollen demnächst unterzeichnet werden. Es geht um circa 10 bis 15 Megawatt Peak.
Übrigens spielt die Stadt dabei eine sehr löbliche Rolle, die öffentliche Verwaltung kann man hier ruhig auch mal loben.“
Echte Beteiligung. Über Nachrangdarlehen und Renditen.
Bei einigen Projekten an anderen Stellen und von anderen Anbietern wird „Bürgerbeteiligung“ mit draufgeschrieben, das ist aber bei genauer Betrachtung mehr Etikett als Tatsache. Es geht dabei häufig um sogenannte Nachrangdarlehen, die durchaus ein seriöses Finanzierungskonzept sein können. Man verleiht Geld, und nachdem man das zurückbezahlt bekommen hat, ist man wieder raus.
„Bei uns als Genossenschaft investieren die Leute auch Geld, sie sind also Teilhaber. Wir wirtschaften gemeinsam, natürlich auch mit einem gewissen Risiko, denn manchmal fällt die Ausschüttung auch etwas mager aus. Dafür kann man als Mitglied die Geschicke mitbestimmen, das hast du mit einem reinen Nachrangdarlehen nicht.“
Zum Thema „Sicherheit“:
Genossenschaften sind auch Unternehmen, können also theoretisch auch pleite gehen. Die Kontroll-Vorschriften sind allerdings viel strenger als bei anderen Gesellschaftsformen, so dass Insolvenzen sehr, sehr selten vorkommen. Eine dieser Vorschriften ist zum Beispiel, dass der Genossenschaftsverband seine Mitglieder einmal pro Jahr (bzw. alle 2 Jahre, je nach Größe der Genossenschaft) ausführlich prüfen muss.
Genossenschaften. Über Gemeinsamkeit und die große Politik.
„Wenn jetzt einer irgendwo „Drill, Baby drill!“ schreit, dann kann natürlich an vielen anderen Ecken der Welt der Eindruck entstehen, jetzt wäre eh alles wurscht. Wir sehen das anders, wir wollen dran bleiben, zum Beispiel auch beim Thema ‚Energy Sharing‘.“
Michl Koch und ich haben noch einige weitere Themen besprochen. Auch die Frage, warum man Mitglied bei einer solchen Genossenschaft werden sollte und wie das geht. Es gibt inzwischen rund Tausend dieser Gemeinschaften, Tendenz steigend. Wir, also die BERR, betreiben laut Satzung Projekte in der Region (Bayern), Mitglieder können und wollen wir allerdings auch aus anderen Gegenden gerne mit aufnehmen. Also, wir freuen uns auf dich…